Der Technologiepartner BMW entwickelt Spikeplatten für den deutschen Bob- und Schlittenverband. Dabei ermöglicht die im Automobilbau bewährte 3D-Drucktechnologie individuelle Lösungen und effiziente Optimierungszyklen. Im Fokus steht die optimale Vorbereitung auf die Olympischen Winterspiele 2026 in Italien.
Inhaltsverzeichnis
1. Individuelle Laufstile erfordern individuelles Schuhwerk
2. Hohe Flexibilität, Zeitersparnis und weniger Kosten
3. Bobsport nutzt Expertise aus dem Automobilbau
4. Positives Feedback nach Tests im Weltcup
Eine Faustregel im Bobsport besagt, dass sich der Erfolg zu einem Drittel aus der Startzeit, einem Drittel aus dem Material und einem Drittel aus der Leistung an den Lenkseilen zusammensetzt. Beim Anschieben sind die athletischen Fähigkeiten der Sportlerinnen und Sportler der entscheidende Faktor, aber wie in der Leichtathletik auch hat das Schuhwerk einen Einfluss darauf, die maximale Beschleunigung erzeugen zu können.
Doch während für den Hochleistungssport auf der Tartanbahn viele Varianten von Spikeschuhen zu Verfügung stehen, die auf die Anforderungen unterschiedlicher Disziplinen und persönliche Präferenzen angepasst sind, suchte man Vergleichbares im Eiskanal lange Zeit vergebens.
Dies zu ändern, hat sich die BMW Group als Technologiepartner des Bob- und Schlittenverbandes für Deutschland (BSD) auf die Fahnen geschrieben. Mit 3D-Druckverfahren aus der automobilen Entwicklung und Fertigung stehen auch die perfekte Methode sowie das nötige Know-how zur Verfügung, um das Projekt umzusetzen.
Individuelle Laufstile erfordern individuelles Schuhwerk
An den Sohlen von herkömmlichen Bobschuhen sind im Vorderfußbereich definierte Reihen von Nägeln fest verbaut, die weder ausgetauscht noch versetzt werden können. Sind diese abgenutzt, kann der Schuh nur noch entsorgt werden.
Die Lösung, an der BMW und der BSD arbeiten, setzt auf Leichtathletikschuhe, bei denen die Gewinde für die Schraubspikes genutzt werden, um sogenannte Spikeplatten zu befestigen, auf denen die Spike-Nägel im Wesentlichen frei verteilt werden können.
Dies vereint mehrere Vorteile: Es gibt eine große Auswahl an Schuhmodellen, sodass die Athletinnen und Athleten einen Schuh verwenden können, der ihren individuellen Bedürfnissen entgegenkommt. Über das Material und die Geometrie der Platte sowie die Platzierung der Spike-Nägel wiederum können die Steifigkeit und vor allem die Kraftübertragung auf das Eis variiert werden.
Angesichts individueller Laufstile und auch der unterschiedlichen Laufwege, welche die Positionen der Athleten beim Anschieben gerade beim Viererbob mit sich bringen, sorgt dies für eine bessere Beschleunigung, als sie Einheitsspikes jemals ermöglichen könnten.
Hohe Flexibilität, Zeitersparnis und weniger Kosten
In der Praxis bedeutet dies, dass für jede Athletin und jeden Athleten individuelle Spikeplatten designt und effizient hergestellt werden müssen. Eine Aufgabe, mit der das Additive Manufacturing Center der BMW Group bestens vertraut ist. Dort entsteht aus Kunststoffen und Metallen eine Vielzahl von Komponenten, ohne dass dazu erst Werkzeuge oder Gussformen angefertigt werden müssten.
„Wir fertigen seit mehr als 30 Jahren im 3D-Druckverfahren Bauteile für Prototypen, individualisierte Einzelstücke, aber auch für die Serienproduktion“, sagt Claudia Rackl, BMW Group Additive Manufacturing Projekte & Qualifizierung. Die großen Vorteile des 3D-Drucks seien die Ersparnis von Zeit und Kosten sowie eine hohe Flexibilität. „Dadurch können wir unterschiedliche Varianten schnell herstellen, testen und effizient optimieren.“
Bobsport nutzt Expertise aus dem Automobilbau
Diese Expertise aus dem Automobilbau haben die Ingenieure der BMW Group eins zu eins in den Bobsport transferiert. Die Geometrie der Spikeplatten wird softwaregestützt entwickelt und automatisch an die Topografie der individuellen Schuhe angepasst, die vorher mit einem 3D-Scanner erfasst wurde. Anschließend werden die Spikeplatten gedruckt, indem ein Laser das entsprechende Metallpulver Schicht für Schicht miteinander verschweißt (Laser-Powder-Bed-Fusion-Verfahren).
Derzeit testen die Partner Legierungen und Geometrien und entwickeln sie weiter, um das optimale Ergebnis zu finden – ganz wie in der automobilen Forschung und Entwicklung. Wenn die idealen Grundparameter gefunden sind, kann die Software das Design der Spikeplatte automatisch auf jeden beliebigen Schuhtyp, jede beliebige Schuhgröße und jede beliebige Anzahl von Befestigungspunkten an der Schuhsohle anpassen.
Zudem lassen sich spezielle Spikeplatten für die individuellen Anforderungen der Athletinnen und Athleten oder sogar für unterschiedliche Witterungsbedingungen und Eisverhältnisse fertigen.
Positives Feedback nach Tests im Weltcup
„Wir haben die Spikeplatten bereits im Weltcup getestet und von den Athletinnen und Athleten viel positives Feedback gehört“, sagt Bob-Cheftrainer René Spies. „Trotzdem ist noch das eine oder andere zu tun, aber wir gehen davon aus, dass wir spätestens bei den Olympischen Winterspielen 2026 mit den perfekten Schuhen an den Start gehen.“
Damit wären dann die besten Voraussetzungen für das erste Drittel auf dem Weg zum Erfolg geschaffen: die optimale Startzeit. (jpk)