Der eigentliche „additive Fertigungsprozess“ macht nur einen Teil einer komplexen Prozesskette aus. Von der Idee bis zum fertigen Bauteil werden viele Schritte durchlaufen. Dieser Artikel befasst sich mit dem Pre-Processing, der Entwicklungsphase eines Bauteils, insbesondere mit CAD/CAM-Systemen. Diese können die Konstruktion eines Bauteils erheblich erleichtern und alles im Blick behalten: Funktion des Bauteils, Materialersparnis, Nachhaltigkeit und sogar den Nachbearbeitungsprozess.
Evelin Eitelmann, Redakteurin, Zentralredaktion Konradin Industrie
Inhaltsverzeichnis
1. Welche Funktion hat die CAD-Software?
2. Welche Funktion hat die CAM-Software?
3. Welche Funktionen müssen CAD/CAM-Systeme für die additive Fertigung mitbringen?
3. Drei Beispiele für CAD/CAM-Software
Welche Funktion hat die CAD-Software?
Unter der Abkürzung CAD versteht man das sogenannte computer aided design. Mit Unterstützung der geeigneten CAD-Software können die Bauteile, die im 3D-Drucker hergestellt werden sollen, als 3D-Modell am Rechner konstruiert werden. Sollte als Vorlage ein Originalobjekt zugrunde liegen, wird dieses mit Hilfe eines 3D-Scanners eingescannt. Die Daten laufen dann ebenfalls in die CAD-Software.
Die CAD-Software unterstützt den Konstrukteur in verschiedenen Bereichen mit Hilfe elektronischer Datenverarbeitung, z.B. Simulationen. Was eine solche CAD-Software leisten kann, ist dabei von der jeweiligen Software abhängig: Es gibt CAD-Software zugeschnitten auf bestimmte industrielle Branchen. Zudem gibt es sie ausgerichtet auf bestimmte additive Fertigungsverfahren.
Welche Funktion hat die CAM-Software?
Hinter der Abkürzung CAM steckt der Begriff computer aided manufacturing. Während also CAD-Software das Design unterstützt, unterstützt CAM-Software die Produktion, also den additiven Fertigungsprozess. Die CAM-Software gibt dem 3D-Druck-Job alle nötigen Daten mit, die beispielsweise die Drucktemperatur, Füllmenge, Platzierung der Bauteile und deren Ausrichtung bzw. Anordnung betreffen.
Die CAM-Software wird auch oft als Slicer bezeichnet.
Welche Funktionen müssen CAD/CAM-Systeme für die additive Fertigung mitbringen?
Bauteile, die aus dem 3D-Drucker kommen, werden ganz anders konstruiert, als konventionell gefertigte. Die Eigenschaft „Design für additive Fertigung“ (Design for additive Manufacturing, DfAM) ist also ein Muss bei der Auswahl eines CAD/CAM-Systems: Im Gegensatz zu traditionellen Fertigungstechniken ermöglicht es die additive Fertigung, komplexere Geometrien zu erstellen und gleichzeitig Materialverbrauch und Gewicht von Produkten zu reduzieren. Da die additive Fertigung deutlich weniger Fertigungsbeschränkungen unterliegt als herkömmliche Herstellungsverfahren wie Spritzguss oder CNC-Bearbeitung, eröffnen sich durch sie völlig neue Denkweisen hinsichtlich des Designs.
Durch DfAM können so beispielsweise aus weniger Material stabilere und langlebigere Bauteile produziert werden, wodurch Kosten reduziert werden können. Zudem kann es durch die Möglichkeit von Bauteilkonsolidierungen dazu beitragen, dass Montageprozesse überflüssig werden und so wiederum zu Kosten- und Zeit-Einsparungen beitragen. Da Änderungen am Design von AM Bauteilen jederzeit und relativ problemlos möglich sind, kann DfAM außerdem zu größerer Anpassungsfähigkeit und Flexibilität verhelfen.
Dies betrifft insbesondere:
- Die Topologieoptimierung: Intelligente Algorithmen erzeugen eine optimale Geometrie des Bauteils.
- Das generative Design: Während bei der Topologieoptimierung ein Bauteil optimiert wird, indem Änderungen an einem bereits bestehenden Modell vorgenommen werden, wird bei dieser Methode allerdings vorab kein fertiges Design benötigt. Ausgangspunkt sind hingegen grundlegende Informationen, wie beispielsweise Einschränkungen, Anforderungen, Materialien und Fertigungsmethode.
- Die Gitterstrukturen: Sie können eingesetzt werden, um Bauteile zum einen leichter, aber zugleich auch stabiler, widerstandsfähiger, flexibler oder belastbarer zu machen. Durch die Verwendung von Gitterstrukturen wird weniger Material verbraucht, wodurch das Gewicht um bis zu 80% reduziert werden kann.
- Bauteilkonsolidierungen: Hier reden wir von der Konstruktion überhängender Teile am Bauteil oder innenliegender Kanäle.
Im Detail nutzen CAD/CAM-Systeme und deren Algorithmen für die additive Fertigung bei folgenden Punkten:
Folgende Beispiele zeigen, welch weites Feld das Thema CAD/CAM-Software für die additive Fertigung ist.
Autodesk Fusion 360
Autodesk Fusion 360 hat ein Modul zur 3D-Druck-Vorbereitung. Mit diesem Tool können Anwender ihren 3D-Drucker definieren, das Teil ausrichten, eine Vielzahl von Halterungen hinzufügen und spezifische Werkzeugwege für die Ausführung des Designs und den 3D-Druck erstellen.
Fusion 360 enthält eine Vielzahl von Anwendungen, die die grundlegenden Funktionen der integrierten CAD-Plattform erweitern. Es besitzt
- die oben beschriebenen notwendigen Features für DfAM
- Druckvorbereitung für die 3D-Druckverfahren Fused Filament Fabrication, Selective Laser Sintering und Multi-Jet-Fusion sowie für Direct Energie Deposition und Metal Powder Bed Fusion
- Spezielle Tools für die 3D-Drucker von HP und Ultimaker
- Xometry-Anwendung für Fusion 360
(Xometry ist ein Dienstleister im Bereich On-Demand-Fertigung)
Hypermill
Die CAD/CAM-Software Hypermill Additive Manufacturing von Open Mind ist auf das Laser Powder Bed Fusion und auf Direct Energie Deposition spezialisiert. Zudem verfügt der CAM-Teil über ein Modul namens Best Fit, das eine hybride Bearbeitung (additive und subtraktive Fertigung) von Bauteilen ermöglicht: Es sorgt für eine intelligente Bauteilausrichtung, um den NC-Code exakt an die Bauteilposition je nach Bearbeitungsprozess (additiv: senkrecht; subtraktiv: waagerecht) anzupassen.
Als integraler Bestandteil der Prozesskette unterstützt das CAD/CAM-System Hypermill im LPBF-Verfahren Anwender dabei, Nachbearbeitungsprozesse besonders flexibel und prozesssicher zu gestalten. Es können sowohl Bauteil- als auch Rohteildaten eingelesen und die notwendigen Prozessschritte exakt durchgeführt werden.
Hypermill Additive Manufacturing bietet eine flexible Strategie zur Steuerung des direkten Materialauftrags. Bei dem Directed-Energy-Deposition-Verfahren (DED) wird der Auftragswerkstoff punktuell direkt auf ein Bauteil oder eine Plattform aufgebracht. Dabei lassen sich sowohl laserbasierte Pulverdüsen-Bearbeitungsköpfe wie auch das Lichtbogenschweißen (WAAM) steuern.
CAD/CAM-System HyperMill eignet sich auch für die additive Fertigung
Siemens NX
Siemens NX bietet mit seinen CAD-, CAE-, CAM- und AM-Bausteinen eine datendurchgängige Software für die additive Fertigung, die Zeit und Kosten sowohl im Designprozess als auch in der Produktion spart.
Es gibt unterschiedliche Module: Das Modul AM Fixed-Plane beispielsweise deckt Modalitäten mit fester Ebene ab, wie z. B. Pulverbett, Jetting, Multi Jet Fusion, Fused Filament Fabrication. Außerdem stehen verschiedene Module für die hybride Fertigung der Bauteile zur Auswahl. Das CAD/CAM-System behält auch die Nachbearbeitung im Blick: NX bietet eine Reihe von Lösungen für die Verarbeitung von gedruckten Teilen, einschließlich Bearbeitung und Inspektion – vom Entpulvern bis hin zur Qualitätsprüfung.
Siemens NX ist unter anderem in die 3D-Drucker Cura von Ultimaker integriert.
Quellen:
DfAM – Design for Additive Manufacturing | 3DBAVARIA | 3D Druck Service
Additive Fertigung – Funktionen und Vorteile | PTC (DE)
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