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Pulverbettverfahren wie SLS und MJF hinterlassen eine matte Oberfläche. Beim FDM-Verfahren wiederum zeigen sich Schichtlinien. Die Technologie der chemischen Dampfglättung, engl. Vapour Smoothing, glättet die Oberfläche von additiv gefertigten Bauteilen und verbessert deren mechanische Leistung.
Autor: Niko Mroncz, Sales Engineer Xometry Europe
Inhaltsverzeichnis
1. Was ist Vapour Smoothing?
2. Die Vorteile des Vapour Smoothing im 3D-Druck
3. Vapour Smoothing im Pre-Processing – Tipps für die Konstruktion
4. Probleme beim chemischen Dampfglättenund deren Lösungen
Der 3D-Druck ist perfekt für die Produktion von Kleinserien. Bei Kunststoffteilen gibt es aber einen großen Nachteil gegenüber traditionellen Herstellungsverfahren: Die Oberflächen sind meist grob. So hinterlassen Pulverbettverfahren, wie das Selektive Lasersintern (SLS) oder das Multi-Jet-Fusion-Verfahren (MJF) von HP eine matte, würfelzuckerartige Oberfläche. Beim Fused Deposition Modeling wiederum zeigen sich deutliche Schichtlinien. Stehen optische Aspekte im Vordergrund, wählen Entwickler daher bislang noch meist andere Verfahren wie Spritzguss, maschinelle Bearbeitung oder Urethan-Gussteile.
Was ist Vapour Smoothing?
Die noch junge Technologie der chemischen Dampfglättung, engl. Vapour Smoothing, verändert die Lage. Das Verfahren glättet die Oberfläche von 3D-Druckbauteilen und verbessert deren mechanische Leistung durch verdampfte Lösungsmittel. Vapour Smoothing erweitert die Möglichkeiten von additiv gefertigt Kunststoffe hinsichtlich einer Kleinserienproduktion. Das Nachbearbeitungsverfahren funktioniert bei den meisten 3D-gedruckten Polymeren und Elastomeren.
Der Dienstleister Xometry vermittelt es über seine gleichnamige Produktionsplattform und hat daher bereits Erfahrungen in der Anwendung gesammelt. Im Gegensatz zu physikalischen Glättungsverfahren wie Schleifen oder Gleitschleifen wird beim Dampfglätten kein Material auf dem Werkstück entfernt. Vielmehr wird ein Dampfglättungsmittel, beispielsweise FA 326, zusammen mit den Bauteilen in eine abgedichtete Bearbeitungskammer eingeführt.
Die Teile werden in der 600 x 400 x 400 mm großen Kammer gestapelt oder aufgehängt, um die dem Dampf ausgesetzte Oberfläche zu maximieren. Der Dampf erzeugt an der Oberfläche eine kontrollierte chemische Schmelze. Diese reduziert Spitzen und Täler, indem das Material verflüssigt und umverteilt wird und so die Oberfläche glättet. Durch die Schmelze entsteht zudem ein höherer Glanz des Materials.
Sobald die Teile fertig sind, wird die Kammer beheizt und das Finishing-Mittel in einen Auffangbehälter abgelassen. Es verbleiben keine Rückstände auf den geglätteten Teilen. Diese sind nun bereit für den Versand oder für den Einsatz zur Behandlung in weiteren Verfahren.
Die Vorteile des Vapour Smoothing im 3D-Druck
Dampfgeglättete Teile sehen deutlich besser aus: Ihre Oberflächenbeschaffenheit ist vergleichbar mit der von Spritzgussteilen: So haben Standard-SLS-Teile in der Regel eine Oberflächenrauheit von mehr als 6.4µm Ra. Mit chemischem Dampfglätten kann die Rauheit auf unter 3.2µm Ra und bis zu 1µm Ra verbessert werden.
Dabei bleibt zu beachten, dass beim chemischen Dampfglätten das Oberflächenmaterial neu verteilt wird. Man erhält eine versiegelte, glatte, jedoch keine polierte Oberfläche. Es bleibt eine sichtbare Oberflächentopologie und minimale Schichtlinien erhalten.
Die chemische Dampfglättung kann die Lebensfähigkeit von additiv gefertigten Bauteilen in der Lebensmittelverarbeitung, bei medizinischen Geräten und Konsumgütern erheblich verbessern. Sie wird daher für Endanwendungen in diesen Bereichen empfohlen. Vor allem dampfgeglättete Bauteile aus dem Werkstoff Nylon 12 reduzieren die Anhaftung und das Wachstum von Bakterien. Studien haben gezeigt, dass Vapour Smoothing bei SLS- und MJF-Teilen mehrere Biokompatibilitäts- und Sicherheitstests besteht.
Zu den weiteren Vorteilen des Vapour Smoothing zählen verbesserte Zug-, Dehnungs- und Biegeeigenschaften, eine deutlich reduzierte Feuchtigkeitsaufnahme sowie der geschlossene Kreislauf und wiederholbare Verarbeitungsergebnisse.
Vapour Smoothing im Pre-Processing – Tipps für die Konstruktion
Um das chemische Dampfglätten als Nachbearbeitungsverfahren einsetzen zu können, müssen bereits bei der Konstruktion im CAD-Programm einige Dinge beachtet werden.
- Scharfe Innenecken sollten abgerundet werden, damit keine Hohlräume entstehen.
- Wände und Elemente sollten stärker als ein Millimeter sein, damit es nicht zu Verformungen kommt.
- Ähnlich wie beim Spritzguss sollte man auf gleichbleibende Wandstärken achten.
- Es können Rüttelspuren sichtbar werden, je nach Halterung des Werkstücks während der Bearbeitung.
- Flexible Materialien, etwa TPU 88A, können mehr Oberflächenfehler aufweisen als starre Materialien.
Probleme beim chemischen Dampfglätten und deren Lösungen
Im Folgenden sind die häufigsten Probleme aufgelistet, die nach der Erfahrung von Xometry beim Vapour Smoothing auftreten. Schon bei der Konstruktion können Anwender diese vermeiden.
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