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Interview: Herbert Koeck 3D Systems

Herbert Koeck, EVP und GM, Global Go To Market, 3D Systems
„Wir haben unseren Marktanteil in Deutschland verdoppelt“

Der US-amerikanische Hersteller von 3D-Druck-Anlagen und -Materialien 3D Systems mit Sitz in Rock Hill weitet sein Deutschlandgeschäft immer weiter aus. Die „additive“ hat mit Herbert Koeck, EVP und GM, Global Go To Market bei 3D Systems, darüber gesprochen, in welchen Branchen 3D Systems besonders aktiv ist. Das Interview führte: Frederick Rindle

additive: 3D Systems ist ein Anbieter von Systemen für den 3D-Druck mit Kunststoff und Metall – welcher Produktbereich nimmt für 3D Systems einen höheren Stellenwert ein?

Koeck: Wir reduzieren unser Wirken nicht auf ‚Kunststoffe‘ und ‚Metalle‘, da dies nicht wirklich den Markt widerspiegelt. Im Rahmen unserer Strategie konzentrieren wir uns auf die Entwicklung von Lösungen für ausgesuchte Marktsegmente und bringen laufend neue Innovationen auf den Markt (z. B. eine völlig neue Serie von Metalldruckern, neue kontaktlose Membran-Kunststoffdrucker, aber auch neue Materialien für ein breiteres Anwendungsspektrum). Sowohl bei Kunststoffen als auch bei Metallen können wir eine Vielzahl von überzeugenden Lösungen vorweisen. Generell verfügt 3D Systems über ein sehr umfassendes Portfolio an Produktionslösungen, welche Materialien, 3D-Drucktechnologie, Software und Dienstleistungen umfasst – was uns von den meisten anderen Marktteilnehmern unterscheidet. Zudem verfügen unsere Mitarbeiter über langjährige Erfahrung mit ganz unterschiedlichen Technologien und Materialien.

Was sind die größten Vorteile Ihrer Technologie im Vergleich zu anderen Metall-3D-Druck-Lösungen auf dem Markt?

Koeck: Die Lösungen von 3D Systems sind so konzipiert, dass sie eine optimale Teilequalität, eine verbesserte Effizienz und niedrigere Gesamtbetriebskosten ermöglichen. Unser Vorteil gegenüber anderen Anbietern ist unsere Fähigkeit, alle relevanten Prozessparameter steuern zu können, um einen optimalen Ausstoß (Qualität) zu gewährleisten und unseren Kunden einen effizienten und hocheffektiven Betrieb der Maschinen zu ermöglichen.

3D Systems setzt bei seinen Metall-3D-Druckern, um das Metallpulver nicht mit Sauerstoff in Berührung kommen zu lassen, auf ein Vakuumkammerprinzip. Welche Vorteile bietet das im Vergleich zu einer Schutzgasatmosphäre mit Argon?

Koeck: Grundsätzlich ist bei der Herstellung von Metallteilen Sauerstoff kein gern gesehener Gast. Die Produktion von Teilen in einer Umgebung, in der Sie die bestmögliche Kontrolle über den Sauerstoffgehalt haben, ist demnach ein echter Wettbewerbsvorteil. Mit unserem Vakuumkammerprinzip wird die Sauerstoffeinwirkung auf das absolut mögliche Minimum reduziert. Aus langjähriger Erfahrung wissen wir, dass das Umströmen mit Argon im Gegensatz dazu nicht so erfolgversprechend ist. Nur ohne Sauerstoff in der Maschine funktioniert der Schutz auch zuverlässig.

In welchen Branchen kommen die Metalldrucker von 3D Systems vorrangig zum Einsatz?

Koeck: 3D Systems ist unumstrittener Marktführer in der Herstellung von metallischen 3D-Druckteilen für die Medizintechnik. Diese Stellung verdanken wir der Kombination unserer Technologie mit unserer umfassenden Erfahrung und Expertise in den 3D-Design- und -Druckprozessen. Hierfür arbeiten wird mit Chirurgen, Gesundheitsexperten und Herstellern von Medizinprodukten zusammen und bieten für deren spezielle Herausforderungen eine Reihe von Präzisionslösungen an.

Dazu gehören der 3D-Druck von anatomischen Modellen, die virtuelle Operationsplanung, patientenspezifische chirurgische Schablonen, Instrumente und Implantate. Außerdem sind unsere Anlagen in vielen Anwendungen in der Luft- und Raumfahrt gefragt. Wir sind in diesen beiden Branchen so erfolgreich, weil sowohl in der Luft- und Raumfahrt als auch in der Medizintechnik ein erheblicher Bedarf an qualitativ hochwertigen Bauteilen besteht, die den strengen behördlichen Anforderungen entsprechen – genau dafür ist unsere Technologie optimal geeignet.

3D Systems bietet eine große Auswahl an thermoplastischen Kunststoffen für den 3D-Druck. In welchen Branchen werden die Kunststoffdruckerlösungen eingesetzt?

Koeck: Da gibt es eine ganze Vielzahl zu nennen. In der Schmuckindustrie sind wir zum Beispiel derzeit der weltweit führende Hersteller von Produktionslösungen für das Gießen. Unsere Technologien sind aber auch integraler Bestandteil einer Vielzahl von zahnärztlichen Arbeitsabläufen, von der Herstellung von Zahnersatz bis hin zur täglichen Produktion von Hunderttausenden von individuellen Zahnschienen. Ebenso können sie unsere 3D-Kunststoffdrucklösungen in den meisten Prototyping-Abteilungen der Autohersteller finden. Dort unterstützen unsere Lösungen die Fahrzeughersteller bei der Entwicklung leichterer, günstiger herzustellender Teile, bei der Konstruktion und Produktion innovativer Baugruppen, die aus weniger Einzelteilen bestehen sowie bei der Erhöhung der Festigkeit und Effizienz der Teile. Und mit der vor Kurzem angekündigten Einführung unserer neuen Produktionsmaterialien für unsere Figure 4-Technologie erleben wir eine schnelle Annahme der Lösungen im Bereich der Guss- und Hochtemperaturanwendungen.

Gibt es einen signifikanten Unterschied im Industrialisierungsgrad zwischen den einzelnen Branchen?

Koeck: Ja, da gibt es ganz klare Unterschiede. Wir erleben Branchen wie das Gesundheitswesen – insbesondere bei der Herstellung von Implantaten – oder die Dentalbranche als weiter fortgeschritten als beispielsweise die Automobilindustrie. Die Unterschiede hängen vor allem mit den benötigten Mengen und der Verfügbarkeit von spezifischen Materialien zusammen, die den Anwendungserfordernissen dieser Kunden entsprechen.

Insgesamt ist aber der Anteil der Unternehmen, die 3D-Drucktechnologien in ihr Geschäft integriert haben, den letzten Zahlen von Ernst & Young vom Oktober 2019 zufolge auf 65 Prozent angestiegen. 2016 waren es nur 24 Prozent. Das ist eine deutliche Steigerung und legt nahe, dass die 3D-Produktion nun in allen Branchen Realität ist.

Was hindert die Unternehmen noch, in die 3D-Druck-Technologie einzusteigen?

Koeck: Aus meiner Sicht ist der größte Hemmschuh für eine breitere Akzeptanz die Fähigkeit der Kunden, 3D-Druck-gerecht zu konstruieren (DfAM). Das erfordert eine ganz neue Art des Denkens im Gegensatz zu dem, was vielen Ingenieuren – auch mir – in der Ausbildung vermittelt wurde. Auch aus diesem Grund ist es für Hersteller wichtig, bei der Integration des 3D-Drucks mit einem erfahrenen Lösungsanbieter zusammenzuarbeiten. Unsere Anwendungstechniker sind mit DfAM bestens vertraut und können unsere Kunden bei der Konstruktion und Produktion optimaler Teile unterstützen.

Wie unterscheidet sich die CAD-/CAM-Softwarelösung 3DXpert von 3D Systems von Lösungen anderer Hersteller wie etwa Siemens?

Koeck: Siemens NX CAD ist eine großartige Lösung, die sich ganz unterschiedlichen Kundenproblemen aus Konstrukteurssicht widmet. Verglichen mit unserer Lösung fehlen der Software allerdings die Kenntnisse, die für die Erstellung eines optimalen Teils mit unseren 3D-Druck-Technologien erforderlich sind. Ich denke, wir sind uns einig, dass sich bessere Ergebnisse erzielen lassen, wenn Sie die Maschinenparameter verstehen und regeln, um ein optimal geformtes Teil effizient zu produzieren.

Wir sehen unsere Lösung nicht als Konkurrenz zu NX CAM und wir glauben nicht, dass ein Kunde diese durch unsere Lösung ersetzen würde. Allerdings haben unsere Kunden mit 3DXpert die Möglichkeit, ein Metallbauteil nicht nur aus Konstruktionsperspektive, sondern vor allem aus der Sicht der Produktion zu optimieren. 3DXpert versetzt Hersteller in die Lage, Stützstrukturen zu automatisieren und zu optimieren und Zonen innerhalb eines Bauteils zu schaffen, die Zeit- und Materialeinsparungen ermöglichen und gleichzeitig die funktionale Integrität des Bauteils erhalten. Dies sind nur einige der unzähligen Funktionen, die in diesem Produkt zur Verfügung stehen und die das Alleinstellungsmerkmal unserer Lösung ausmachen.

Welche technologischen Innovationen dürfen wir in Zukunft von 3D Systems erwarten?

Koeck: 3D Systems arbeitet kontinuierlich an neuen Lösungen, um Kunden in verschiedenen Branchen in die Lage zu versetzen, ihren Erfolg auszubauen und dem Wettbewerb stets einen Schritt voraus zu sein. Über konkrete Projekte kann ich Ihnen leider noch nichts sagen. Aber mit der zunehmenden Verbreitung der 3D-Drucktechnologien erleben wir auch eine steigende Anzahl neuer und vielseitiger Einsatzmöglichkeiten. Diese neuen Anwendungen werden erst dann Realität, wenn die entsprechenden Materialien dafür zur Verfügung stehen. 3D Systems wird hier auch weiterhin der Pionier sein und wir beabsichtigen, viele neue Materialien einzuführen, um dem Marktbedarf gerecht zu werden. Darüber hinaus haben wir vor, die Installationsbasis des Metallfertigungssystems DMP Factory 500 zu erweitern, das den Übergang zur effizienten Massenproduktion von großen Metallteilen ermöglicht.

Bei der DMP Factory 500 arbeitet 3D-Systems ganz eng mit dem Hersteller von Bearbeitungszentren GF Machining Solutions zusammen. Wie hat sich diese Kooperation entwickelt?

Koeck: Unsere Zusammenarbeit mit GF funktioniert sehr gut und wir erleben, wie unsere Strategie außerordentliche Zugkraft entwickelt. Dank der großen globalen Reichweite von GF konnten wir unsere Präsenz in Regionen ausweiten, zu denen 3D Systems vorher keinen Zugang hatte. So konnten wir den weltweiten Verkauf unserer Metall-3D-Druck-Lösungen verbessern. Die Lösung von GF ergänzt das Angebot von 3D Systems bei der mechanischen Nachbearbeitung hervorragend. Durch die Kombination der Technologien beider Unternehmen sind wir in der Lage, unseren Kunden nahtlose, integrierte Arbeitsabläufe von der Konstruktion bis zur Endbearbeitung eines Teils bereitzustellen.

Wie hat sich der deutsche Markt für 3D Systems entwickelt?

Koeck: Zunächst einmal ist der deutsche Markt für additive Fertigung der weltweit zweitgrößte hinter den USA. In den letzten drei Jahren hat 3D Systems seinen Marktanteil auf dem deutschen Markt verdoppelt, mehr Vertriebs- und Supportmitarbeiter in Deutschland eingestellt und ein neues Customer Innovation Center (CIC) in Mörfelden bei Frankfurt errichtet. Dieses CIC wurde während der Formnext 2018 eröffnet und seitdem haben wir in dieser Einrichtung mehr als 2000 Kundenmeetings und -schulungen durchgeführt. Wir haben auch unser deutsches Büro an diesen Standort verlegt und sind nun mit großer Präsenz in Deutschland vertreten. Wir glauben, dass die deutsche Fertigungsindustrie zukunftsträchtig ist, zumal sich die Einführung von 3D-Druck für Produktionsanwendungen weiter beschleunigt. 3D Systems hat sich zu weiteren Investitionen in Deutschland verpflichtet und wir setzen unsere enge Zusammenarbeit mit deutschen Unternehmen fort, um die Präsenz von 3D Systems weiter zu stärken und unsere Lösungen auf den Weg zu bringen.

3D Systems Inc.
www.3dsystems.com

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