In einem deutsch-chinesischen Projektkonsortium hat der Lehrstuhl Digital Additive Production (DAP) der RWTH Aachen die Architektur für eine sichere cloudbasierte Plattform entwickelt. Über diese lassen sich die Produktionsdaten für das laserbasierte Powder Bed Fusion von Metallpulver (PBF-LB/M) verschlüsselt und in Echtzeit übertragen. Die Ergebnisse des vom BMBF geförderten Projekts ProCloud3D legen damit einen Grundstein für die sichere, dezentralisierte Additive Fertigung.
Inhaltsverzeichnis
1. Sicherheit als Bottleneck der dezentralisierten Produktion
2. Entwicklungsansatz der ProCloud3D-Plattform
3. Fertigung eines Demonstrators über sicheren Stream
Industrial Metaverse, Smart Services, Digitalisierung: Das sind Megatrends der produzierenden Industrie, in die sich die Additive Fertigung mit der Umsetzung eines digitalen Modells in ein physisches Bauteil nahtlos integriert.
Eine Schlüsselfunktion zur effizienten Umsetzung dieser Konzepte ist die Cloud. Sie bietet die notwendige Infrastruktur, um Daten ortsunabhängig und in Echtzeit zu verarbeiten, zu speichern und sicher zu teilen. Das Konsortium rund um das ProCloud3D-Projekt hat diese Infrastruktur für die additive Fertigung sicher verfügbar gemacht.
Sicherheit als Bottleneck der dezentralisierten Produktion
Aus Sicht des Endanwenders wird die additive Bauteilfertigung zunehmend zu einer ausgelagerten Dienstleistung. Zur Fertigung der Komponenten muss er die Designdaten des Bauteils mit einem Dienstleister teilen. Da das Vorliegen eines digitalen Designmodells genügt, um eine physische Kopie zu erzeugen, ist dieser Vorgang besonders schützenswert.
Die Lösung liegt im schichtweisen Transfer der Produktionsdaten direkt auf die PBF-Anlagen des Dienstleisters im laufenden Druckprozess, auch als Stream bezeichnet. Dabei muss jedoch sichergestellt sein, dass die Daten weder abgegriffen, kompromittiert oder manipuliert werden können und nur die Anzahl an Komponenten gefertigt wird, die angefragt wurde. Darüber hinaus müssen die Daten zu einem Fertigungsauftrag zusammengestellt werden und für den Fertigungsprozess aufbereitet sein.
Entwicklungsansatz der ProCloud3D-Plattform
Vor diesem Hintergrund entwickelten die Forschenden zunächst einen Slicer zur Echtzeit- Generierung von Maschinensteuerungs-Code aus den Baujob-Informationen. Die Architektur der ProCloud3D-Plattform nutzt als Basis hierzu das Open Vector Format, entwickelt von Forschenden des Lehrstuhls DAP und des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT. Das Format unterstützt unter anderem die flexible Steuerung von Lasern mit Galvanometerscannern, die Verwaltung multipler Scanfeldarrays und die Erweiterung um zusätzliche Maschinenachsensteuerungen.
Aufbauend auf dem OVF wurde ein Streaming Protokoll entwickelt, das einen effizienten Echtzeit-Transport von PBF-LB-Produktionsdaten sowie relevanten Metadaten für unterschiedliche PBF-Anlagen gewährleistet. Das Protokoll beinhaltet sowohl einen sicheren Datentransport als auch eine Datenverschlüsselung.
Mithilfe eines DAP-eigenen, hoch performanten Nesters können Baujobs aus mehreren Bauteilen automatisiert generiert werden. In einer cloudbasierten Nutzeroberfläche werden die Funktionalitäten ganzheitlich integriert und visualisiert. Teil dieser Lösung ist ein digitales Rechtemanagement entlang der abgebildeten Liefer- und Prozesskette.
Die Datenströme sind end-to-end verschlüsselt. Hardwareseitig verarbeitet eine im Projekt entwickelte Anlagenschnittstelle die schichtweisen Steuerungsbefehle aus der Cloud. Durch das Streaming Protokoll ist dabei festgelegt, wer Zugriff auf die Daten erhält und in welcher Menge die bestellten Bauteile gefertigt werden dürfen.
Metallpulver für die additive Fertigung – Herstellung und Auswahl
Fertigung eines Demonstrators über sicheren Stream
Unter Nutzung dieser entwickelten Cloudlösung haben die Forschenden nun über den sicheren Stream erfolgreich einen Demonstrator gefertigt. In einem nächsten Schritt soll die cloudbasierte Plattform für die dezentralisierte additive Fertigung massentauglich werden.
Die entwickelte Cloudlösung soll Unternehmen unterschiedlicher Branchen in Zukunft eine bahnbrechende Möglichkeit bieten: Durch das Auslagern der Fertigungsprozesse auf eine speziell dafür geschaffene sichere, cloudbasierte Plattform wird es möglich, ohne die bisher erforderlichen hohen Investitionen in PBF-Anlagen oder den umfangreichen Aufbau von spezifischem Prozess-Knowhow direkt auf die Potenziale der Additiven Fertigung zuzugreifen. (jpk)