Um die Produktion von Platinenleuchten effizienter zu gestalten und das Problem der statischen Aufladung bei der Fertigung zu lösen, suchte Erco nach einem industriellen 3D-Drucker, der ESD-sicheres Material verarbeiten kann. Die Wahl fiel auf die Markforged X-Serie, die hohe Präzision und einfache Bedienung bietet.
Inhaltsverzeichnis
1. Testphase wird zum entscheidenden Baustein im Auswahlprozess
2. Konstruieren – Drucken – Fertig
3. Nachbearbeitung der 3D-gedruckten ESD-sicheren Bauteile
4. 3D-Druck verändert interne Prozesskette dauerhaft
5. Künftige Einsatzmöglichkeiten von 3D-Druck-Technologie bei Erco
Individuell angepasste Vorrichtungen für Platinenleuchten dürfen sich nicht statisch aufladen. Ihre Fertigung erforderte einen großen Aufwand für den Beleuchtungsexperten Erco: Sie erfolgte in der mechanischen Bearbeitung von Aluminium-, PVC- oder Polyethylen-Halbzeugen. Steigende Lieferzeiten und Preise für ESD-sichere Platten kamen hinzu. Was wiederum zu einem stetig wachsenden Lagerbestand an Halbzeugen führte. Eine Lösung musste her.
Im Frühjahr 2021 initiierte eine Fachgruppe des Erco-Technologiemanagements die Suche nach einem industriellen 3D-Drucker, der ESD-sicheres Druckmaterial zuverlässig und prozesssicher verarbeiten kann. Nach einem sorgfältigen Leistungsvergleich fiel die Wahl auf einen industriellen 3D-Drucker der Markforged X-Serie. Diese 3D-Drucker verarbeiten nicht nur ESD-sichere Werkstoffe zuverlässig, sondern bieten auch
- hohe Präzision,
- Oberflächenqualität,
- mechanische Festigkeiten,
- einfache Bedienung von Hardware und Software sowie
- minimalem Schulungsaufwand für Konstrukteure und Bediener.
Testphase wird zum entscheidenden Baustein im Auswahlprozess
Man wandte sich an einen Mark3D-Dienstleister und beschaffte sich erste ESD-sichere Bauteile. Diese Phase ermöglichte nicht nur den Wissensaustausch, sondern auch den gezielten Aufbau von Fachkenntnissen in die verfahrensgerechte Konstruktion ESD-sicherer Bauteile für den 3D-Druck (Design for Additive Manufacturing, DfAM). Die Ergebnisse zeigten die mögliche Qualität der Bauteile. Erwartungen an die Technologie konnten so klar abgesteckt werden. Im Mai 2022 wurde dann in einen industriellen Markforged 3D-Drucker der X-Serie investiert. Die Inbetriebnahme durch die Mark3D GmbH erfolgte in kürzester Zeit und innerhalb von nur zwei Stunden war die Technologie betriebsbereit.
Konstruieren – Drucken – Fertig
Durch den industriellen 3D-Druck konnte der Lagerbestand an Halbzeugen drastisch reduziert werden. Statt sperriger Aluminium- oder PVC-Halbzeuge werden nun fünf kompakte Rollen Markforged Onyx ESD-sicherer 3D-Druck-Werkstoff in einer Schublade neben dem 3D-Drucker verstaut.
Onyx ESD ist speziell konzipiert, um einen extrem engen Oberflächenwiderstandsbereich abzudecken – und erfüllt damit die Anforderungen an die ESD-Sicherheit der anspruchsvollsten Kunden. Die im Onyx ESD-sicheren Material 3D-gedruckten Bauteile erfüllen neben den Anforderungen der Antistatik auch die mechanischen und thermischen Anforderungen. Weitere Vorteile der Technologie für Erco:
- Aluminium konnte als Werkstoff im Vorrichtungsbau fast vollständig substituiert werden.
- Zudem ist kaum noch Zerspanung notwendig.
- Es gibt keine Einschränkung mehr in der Konstruktion sowie der Prozesskette.
Jetzt kann bedeutend schneller auf Anpassungen in der Konstruktion oder Reparaturen von Baugruppen reagiert werden. Verschleißteile werden über Nacht gefertigt.
Nachbearbeitung der 3D-gedruckten ESD-sicheren Bauteile
99,9 % der gedruckten Bauteile können von der Bauplattform entnommen und direkt montiert werden. Lediglich die Stützstruktur muss gelegentlich entfernt werden. Jedoch funktioniert auch eine mechanische Nachbearbeitung der gedruckten Onyx-Bauteile ohne weitere Herausforderungen. Wenn die Genauigkeiten des 3D-Druckers von +/- 0,1mm nicht ausreichen, können spanend Genauigkeiten im Hunderstel-Bereich erzielt werden. Teilweise werden die bereits sehr glatten Oberflächen der Onyx-Bauteile mit einem Vlies versehen. So werden die empfindlich lackierten Oberflächen der LED-Leuchten und Scheinwerfer, zusätzlich geschont.
3D-Druck von Vorrichtungsbau-Komponenten
Mittlerweile liegt der Fokus von Erco auch auf dem industriellen 3D-Druck von Vorrichtungsbau-Komponenten. Immer mehr Bauteile, wie
- Montagevorrichtungen,
- Auflagen,
- Einlagen,
- Klemmen,
- Arretier-Vorrichtungen,
- Prüfvorrichtungen oder
- Ausricht-Vorrichtungen
werden für die Montage mannlos gefertigt. Aber auch weitere Betriebsmittel wie individuelle Greifer und Handlingssysteme für die Automatisierung der Spritzgussmaschinen und schnelle Ansichtsmuster und Prototypen werden nun regelmäßig 3D-gedruckt. In kürzester Zeit wurde eine große Anzahl an Bauteilen auf den industriellen 3D-Druck und somit auch auf die digitale Lagerhaltung umgestellt.
3D-Druck verändert interne Prozesskette dauerhaft
Der industrielle 3D-Druck hat die interne Prozesskette bei Erco gravierend verändert. Die Lernkurve im Team steigt stetig und so konnte die interne Prozesskette mehr als halbiert werden. Von der Beschaffung bis zur Nachbearbeitung. Das Team in der Konstruktion profitiert von vorher nie da gewesenen Freiheiten sowie kurzfristiger Verfügbarkeit und Unabhängigkeit gegenüber Dritten.
Seit der Inbetriebnahme im Mai 2022 lief der industrielle Markforged 3D-Drucker bis Juli 2023 bereits rund 7.500 Betriebsstunden, das bedeutet rund 17,5 Stunden pro Tag. In einigen Monaten herrscht eine Auslastung von 80% bezogen auf 24 Stunden an 7 Tagen die Woche. Durch den störungsfreien Lauf, konnte sich der 3D-Drucker bereits nach 1 1/2 Jahren vollständig amortisieren. Der Auslastungs-Peak lag bisher bei rund 95%. Die Additive Fertigungstechnologie ist bei Erco nun fester Bestandteil im Maschinenpark.
Künftige Einsatzmöglichkeiten von 3D-Druck-Technologie bei Erco
In der Zukunft sollen weitere Anwendungsmöglichkeiten im Unternehmen gefunden und geprüft werden um den aktuellen 3D-Drucker noch weiter auszulasten. Auch wird ein Einsatz des industriellen 3D-Drucks in der Maschinen-Instandhaltung geprüft. Da hier besonders mechanisch belastbare Bauteile benötigt werden, wäre das ein potentielles Einsatzgebiet für Bauteile, verstärkt mit der Markforged Carbon-Endlosfaser. Des Weiteren sollen weitere Werkstoffe wie Smooth TPU95A getestet werden.
Aber auch im Bereich der Spritzgussfertigung ist der Einsatz von 3D gedruckten Spritzgussformeinsätzen im Test. Hier könnten Einzelteile und Kleinserien wirtschaftlich über das Spritzgussverfahren im Serienmaterial umgesetzt werden. Als großes Ziel der additiven Fertigung bei Erco steht der Einsatz von 3D gedruckten Bauteilen im Serieneinsatz der Endprodukte. Auch hier werden die Anwendungen weiter geprüft. (eve)