Abbaubare Brustimplantate und roboterbasierte Nachbearbeitung: Bereits zum achten Mal hat die internationale Formnext Start-up Challenge junge Unternehmen aus der Welt der additiven Fertigung für ihre innovativen Geschäftsideen und technischen Entwicklungen ausgezeichnet.
Die Formnext Start-up Challenge 2022 zeichnet Unternehmen aus, die nicht älter als fünf Jahre sind. In dem Wettbewerb werden neuartige, tragfähige Geschäftsideen prämiert. Die hochkarätige Jury besteht aus bekannten Vertretern der Branche, der Wissenschaft, den Medien und aus dem Investmentbereich. Die prämierten Entwicklungen zeigen die hohe Innovationskraft des 3D-Drucks und des AM-Marktes.
Die internationalen Sieger, die sich im Rahmen der Formnext vom 15. bis 18.11.2022 der AM-Welt präsentieren werden, haben sich mit dem Pre-Processing, dem eigentlichen additiven Fertigungsprozess und dem Post-Processing befasst. Folgende Start-ups und ihre Entwicklungen – mit dem ✚-Zeichen klappen Sie weitere Informationen aus – wurden prämiert:
Photosynthetic (Niederlande)
Photosynthetic (Stand 12.0-B81H) hat sich auf den schnellen und kostengünstigen Mikro-3D-Druck spezialisiert. Üblicherweise werden 3D-Mikrostrukturen mit konventionellen Methoden wie Zwei-Photonenlithographie (TPL), Stereolithographie (SLA) und optischer Graustufenlithographie (OGL) hergestellt. Die patentierte Technologie des niederländischen Start-ups basiert auf einem optischen Hardwaresystem, Harzen auf Basis der Ein-Photonen-Polymerisation und Computeralgorithmen zur Steuerung des Druckvorgangs. Der neue Mikro-3D-Drucker von Photosynthetic ermöglicht eine schnelle Mikrofabrikation (50 mm3/Stunde) im hochauflösenden Modus (1 Mikron).
Lattice Medical (Frankreich)
Lattice Medical (Stand 12.0-B81B) ist ein biomedizinisches Start-up, das im Oktober 2017 gegründet wurde. Das französische Unternehmen hat gemeinsam mit dem CHU Lille-France eine patentierte 3D-Technologie entwickelt, die die natürliche Regeneration von Fettgewebe ermöglicht und zum Beispiel bei den Eingriffen für Brustimplantate zu enormen Verbesserungen führt. Die Mat(t)isse-Bioprothese besteht aus 3D-gedruckten Biomaterialien, ist vollständig abbaubar und wird an die individuelle Morphologie der Patientinnen angepasst. Dadurch soll erreicht werden, dass die Brüste nach einer gewissen Zeit vollständig aus dem Gewebe der Patientin rekonstruiert werden und keine Fremdkörper in der Patientin verbleiben.
Rivelin Robotics (Großbritannien)
Mit der Entwicklung der NetShape-Roboter will das britische Start-up Rivelin Robotics (Stand 12.0-B41) eine Lösung für die schnelle Nachbearbeitung von additiv gefertigten Metallteilen und Komponenten schaffen. Denn bei vielen Metall-AM-Anwendungen macht die Nachbearbeitung mehr als 30 % der Stückkosten pro Teil aus. Mit seinem NetShape-Roboter bietet das Unternehmen eine automatisierte Lösung für die Entfernung von Metallstützstrukturen und die gezielte Nachbearbeitung. Der Roboter verfügt über die eigens entwickelte NetShape-Steuerungssoftware, die sowohl maschinelles Lernen als auch die traditionelle deterministische Steuerungstheorie nutzt. Mit dem Roboter verspricht Rivelin eine 90-prozentige Fehlerreduzierung und eine Senkung der Betriebskosten um das 10-fache.
Spherecube (Italien)
SphereCube (Stand 12.0-B81A) hat einen 3D-Drucker entwickelt, der Verbundwerkstoffe auf Polymerbasis bzw. einer duroplastischen Matrix mit Endlosfaser-Verstärkung verarbeitet. Damit soll die automatische Herstellung von Produkten aus Hochleistungs-Verbundwerkstoffen ohne geometrische Einschränkungen möglich werden. Die Technologie des italienischen Start-ups unterscheidet sich, laut Angabe des Unternehmens, von den derzeit verfügbaren Verfahren durch das Aushärten des Kunststoffs mit einer Wärmequelle, was die Benetzung und Bindung von Faserverstärkungen und Matrix sowie der verschiedenen 3D-gedruckten Schichten verbessert.
Alpha Powders (Polen)
Das in Warschau ansässige Start-up-Unternehmen Alpha Powders (Stand 12.0B81G) hat eine Technologie zur Abrundung, Sphäroidisierung und bedarfsgerechten Modifizierung von Polymerpulver entwickelt und patentiert. Derzeit konzentriert sich das Unternehmen auf die Entwicklung eines kompakten Geräts, das auf F&E-Labors zugeschnitten ist, die an neuen SLS-Pulvern arbeiten. Der Prototyp wurde mit einer Vielzahl von Materialien getestet, darunter Polyamide, TPU oder Polyolefin-Pulver, und hat bewiesen, dass er zuverlässig kugelförmige SLS-Pulver in einem Trockenverfahren herstellt. Das Unternehmen setzt die Entwicklung dieser Technologie fort und will in den kommenden Jahren Lösungen im Pilot- und Produktionsmaßstab anbieten.
Der AM Ventures Impact Award ging ebenfalls an Lattice Medical.
Die Innovationen der jungen Unternehmen überzeugen nicht nur durch eine hohe Kreativität in der Entwicklung der Produkte, sondern auch in der Tragfähigkeit der Geschäftsmodelle. So konnten die Start-ups bereits erteilte oder noch ausstehende Patente vorweisen und schon vielversprechende Anwendungen aufzeigen.
„Hier entstehen entscheidende Entwicklungen, die unsere Industrie, Medizin und andere Bereiche unseres Lebens in der Zukunft beeinflussen werden.“
– Sascha F. Wenzler, Mesago Messe Frankfurt
„Die AM-Start-ups zeigen jedes Jahr einen neuen Entwicklungsschritt in Richtung innovativer Technologien und Anwendungen und überzeugen mit einer steigenden Qualität ihrer Entwicklungen und Geschäftsplanung. Das stellt einmal mehr unter Beweis, welch hohes Innovationspotenzial in dieser Branche steckt und dass hier entscheidende Entwicklungen entstehen, die unsere Industrie, Medizin und andere Bereiche unseres Lebens in der Zukunft beeinflussen werden“, so Sascha F. Wenzler, Vice President Formnext bei Messeveranstalter Mesago Messe Frankfurt GmbH. (eve)