Die additive Fertigung (Additive Manufacturing; AM) gewinnt im industriellen Umfeld auch hinsichtlich einer Serienproduktion zunehmend an Bedeutung. Vor diesem Hintergrund haben sich der Luftfahrtzulieferer Premium Aerotec, der Automobilhersteller Daimler und der Anbieter von industriellen 3D-Drucklösungen EOS zusammengeschlossen, um die nächste Generation der additiven Fertigung im Projekt Next-Gen-AM grundlegend zu entwickeln. Seit dem offiziellen Projektstart im Mai 2017 hat das Projektteam den gesamten AM-Prozess auf Automatisierungspotenziale hin geprüft. Nun wurde die erste Pilotanlage im Technologiezentrum von Premium Aerotec in Varel in Betrieb genommen.
Ziel des Projektes ist die Entwicklung eines Gesamtsystems zur Herstellung von Bauteilen aus Aluminium für den Automobilbereich sowie die Luft-und Raumfahrt. Die dafür nun errichtete Pilotanlage besteht aus Maschinen zur additiven Fertigung, zur Nachbearbeitung und zur Qualitätssicherung. Der Großteil der einzelnen und das Zusammenspiel aller additiven und konventionellen Prozessschritte erfolgt vollautomatisiert und integriert – manuelle Schritte wurden eliminiert. Im Ergebnis werden so komplexe sowie leichte und gleichzeitig stabile Bauteile gefertigt. Der hohe Automatisierungsgrad ist Basis für eine wirtschaftliche Produktion.
Next-Gen-AM im Video:
https://www.eos.info/nextgenam
Die Pilotanlage im Detail
Kern der Pilotproduktionskette ist das Vier-Laser-System EOS M 400-4 zum metallbasierten industriellen 3D-Druck. Das System wird in Kombination mit den Peripherielösungen des Shared-Modules-Konzepts von EOS eingesetzt. So ist die Laserschmelzanlage in Varel mit einer Pulverstation ausgestattet und mit einer allein stehenden Rüst- sowie Auspackstation verbunden.
Im Ergebnis können das Befüllen und Entleeren des Systems mit dem Aluminiumwerkstoff, das Rüsten des Systems zur Vorbereitung eines neuen Bauauftrags sowie das Auspacken der gefertigten Bauteile aus dem Pulverbett unabhängig vom und parallel zum eigentlichen AM-Bauprozess durchgeführt werden. Das steigert die Produktivität des Fertigungsvorgangs deutlich. Der Transport der additiv gefertigten Bauteile zwischen den einzelnen Stationen erfolgt dabei vollautomatisiert und unter Schutzgas in einem Container auf einem fahrerlosen Transportfahrzeug.
Auch bei der anschließenden Nachbearbeitung gibt es bereits eine umfangreiche Automatisierung: Ein Roboter nimmt die Bauplattform mit den Bauteilen aus der Rüststation und legt sie zur Wärmenachbehandlung in einen Ofen. Derselbe Roboterarm entnimmt die Bauplattform anschließend wieder und bringt sie für die Qualitätssicherung zu einer 3D-Vermessungsstation. Abschließend gelangt die Bauplattform zu einer Säge, welche die Teile von der Plattform trennt. Damit sind die Bauteile bereit zur weiteren Nutzung.
Automatisierte Prozesskette
Der erfolgreiche Aufbau der automatisierten Prozesskette ist das Ergebnis der erfolgreichen Zusammenarbeit aller Projektpartner, die ihre Fähigkeiten und Erfahrungen einbringen: EOS ist ein Technologie- und Qualitätsführer für High-End-Lösungen im Bereich des industriellen 3D-Drucks. Premium Aerotech ist der weltweit erste Hersteller, der 3D-gedruckte Strukturbauteile für Airbus-Flugzeuge in Serie liefert. Bislang kommt dabei Titanpulver als Werkstoff zum Einsatz; im Zuge des Projekts wird auch Aluminium zur Nutzung qualifiziert. Schließlich bringt der Automobilhersteller Daimler die Erfahrung aus der Großserienproduktion mit – ein wesentlicher Aspekt, wenn die Pilotanlage in großem Maßstab in der Fertigung eingesetzt werden soll.
„In diesem Projekt haben wir es bereits geschafft, die Produktionskosten für ein Bauteil deutlich zu reduzieren“, sagt Dr. Thomas Ehm, Vorsitzender der Geschäftsführung von Premium Aerotech. „Damit schaffen wir eine wirtschaftliche Perspektive für große digitale 3D-Druck-Fabriken.“ Dr. Tobias Abeln, Geschäftsführer Technik und Entwicklung (CTO) bei EOS, ergänzt: „Die Integration des AM-Produktionsprozesses in eine automatisierte Fertigungslinie ist ein wichtiger Meilenstein für einen breiten Anwendungsbereich unserer Technologie in der Serienproduktion.“
Jasmin Eichler, Director Future Technologies, Head of Konzernforschung Daimler AG, sieht den 3D-Druck auf dem besten Wege, sich im Automobilbereich als zusätzliche variantenreiche Produktionsmethode zu etablieren. „Mit diesem gemeinsamen Vorentwicklungsprojekt kommen wir einen erheblichen Schritt weiter in Richtung Wirtschaftlichkeit des metallischen 3D-Drucks entlang der Prozesskette. Damit legen wir den Grundstein für eine künftige Realisierung größerer Stückzahlen im automobilen Serienproduktionsprozess – mit gleicher Zuverlässigkeit, Funktionalität, Langlebigkeit und Wirtschaftlichkeit wie bei Bauteilen aus konventioneller Fertigung.“
Serienfertigung komplexer Aluminiumteile in Reichweite
In den kommenden Monaten wird die Pilotprozesskette im Technologiezentrum in Varel weiter getestet und Teile der Anlage auditiert. Außerdem werden Produktionsdaten gesammelt und ausgewertet, um genaue Daten zu Prozesszeiten, Wirtschaftlichkeit und Kostenoptimierung zu erheben. Damit rückt das Projekt Next-Gen-AM dem Ziel, hochkomplexe Bauteile aus Aluminium besonders wirtschaftlich additiv in Serie zu fertigen, kontinuierlich näher.
EOS GmbH
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Premium Aerotech
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Daimler AG
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