Als Folge hochsensibler Anlagentechnik sind viele Qualitätsmerkmale oft noch nicht reproduzierbar. Einheitliche Festigkeitswerte und Abmessungen sind bei der Serienfertigung aber unabdingbar. Daher müssen die Hersteller schon bei minimalen Prozessabweichungen systematisch gegensteuern. Beispielsweise kann es bei uneinheitlichen Festigkeitswerten der späteren Bauteile sinnvoll sein, die Körnung und Feuchtigkeitswerte der Ausgangspulver genauer zu spezifizieren.
In diesem Zusammenhang liegt der Fokus auf kontinuierlich verbesserten Best-Practice-Methoden im direkten Produktionsumfeld: dem Daten-, Material- und Maschinenhandling, Be- und Entladevorgängen, der Anlagenüberwachung, dem Wartungsprogramm und der Maschinenkalibrierung sowie dem Arbeitsschutz. Ist die Definition der Auftragsabwicklung vollständig? Existieren Laufkarten mit je Station sinnvollen Arbeitsanweisungen? Sind die Mitarbeiter ausreichend qualifiziert und qualitätsbewusst? Wichtig ist auch ein AM-gerechtes Arbeitsumfeld mit spezifischen Arbeitsmitteln und Sicherheitsanweisungen. Im Rahmen der Materialkontrolle prüft TÜV Süd beispielsweise den gesamten Prozesskreislauf von der Wareneingangskontrolle und Lagerung über die Wiederaufbereitung bis hin zu Kreuzkontaminationen und der Endkontrolle. Prüfgrundlage ist die DIN SPEC 17071.
Steigbügel für mehr Systematik
Mit dem branchenübergreifenden Leitfaden können Hersteller eine risikominimierte und qualitätsgesicherte Fertigung in nur sechs Monaten aufbauen. Bisher dauerte das mitunter viele Jahre. Auch lassen sich vollständige und verlässliche Pflichtenhefte für Materiallieferanten oder Auftragsfertiger schneller erstellen. Das reduziert die nötigen Lieferantenaudits und der Einkauf von Bauteilen wird einfacher.
Der Spezifikation definiert einheitliche Anforderungen an die Anlagen, Materialien, Prozesse und Mitarbeiter. Hierzu gehören Anforderungen an die Datenverarbeitung, das Management des Ausgangsmaterials, die anlagenbezogene Prozessvorbereitung, -durchführung und -nachbereitung sowie die bauteilbezogene Nachbearbeitung. Betrachtet werden zudem die Prozessqualifizierung, die Qualitätssicherung sowie personelle Anforderungen. Die Anforderungen der DIN SPEC 17071 formulierte TÜV Süd Product Service mit der Deutschen Bahn AG, der MT Aerospace AG und der Siemens Mobility GmbH.
Ausblick: Basis für ISO-Standard
Die DIN SPEC 17071 dient als Vorläufer für den internationalen Standard ISO/ASTM 52920-2, der voraussichtlich kommendes Jahr folgt. Eine DIN SPEC lässt sich oft innerhalb weniger Monate auf den Weg bringen und umsetzten. Sie entsteht in kleineren Arbeitsgruppen ohne Konsenspflicht. Die DIN-Spezifikation lässt sich zur Konformitätsbewertung nutzen (Anhang IX: „Konformitätsbewertung auf der Grundlage eines Qualitätsmanagementsystems und einer Bewertung der Technischen Dokumentation“ und Anhang XI „Konformitätsbewertung auf Grundlage der einer Produktkonformitätsprüfung“). Das reduziert das Risiko entlang des Workflows für eine kontinuierlich qualitätsgesicherte additive Fertigung.
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