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Vyomesh Joshi, Präsident und CEO, 3D Systems im Gespräch

Im Interview: Vyomesh Joshi, Präsident und CEO, 3D Systems
„Das Post-Processing ist ein entscheidender Punkt“

Mit der Übernahme der belgischen Layerwise ist das von 3D-Druck-Erfinder Charles Hull gegründete Unternehmen 3D Systems 2014 in den 3D-Metalldruck eingestiegen. In Kooperation mit GF Machining Solutions wollen die US-Amerikaner das Verfahren reif für den industriellen Einsatz machen. Welche Vorteile ihre Technologie bietet und warum GF als Partner gewählt wurde, erläutert Präsident und CEO Vyomesh „VJ“ Joshi.

Das Interview führte: Dr. Frank-Michael Kieß

additive: 3D-Druck ist keine ganz neue Technik. Ihr Unternehmen wurde 1986 vom Erfinder Charles Hull gegründet. Warum erlebt das Thema aktuell so einen Aufschwung?

Joshi: Zum einen musste der Schritt vom Prototyping zur realen Produktion getan werden, und das passiert momentan. In den zweieinhalb Jahren, in denen ich bei 3D Systems bin, habe ich den Fokus auf die Plattformentwicklung gelegt, sowohl für Kunststoffe als auch für Metalle, um den Produktions-Workflow weiterzuentwickeln. Additive Manufacturing (AM) hat immer dann einen Wert, wenn man kundenspezifische Teile fertigen will, wie etwa in der Zahnmedizin, wenn man komplexe Teile herstellen will, wie im Aerospace-Bereich, wenn es keine andere Technologie gibt, um bestimmte Teile zu fertigen, oder wenn man die Time-to-market reduzieren möchte. Indem wir uns auf die Produktions-Workflows in diesen Bereichen fokussiert haben, konnten wir ein Marktwachstum generieren.

Um den 3D-Druck auf Produktions-Level zu heben, braucht man Expertise. Is das der Grund, warum Sie mit GF zusammenarbeiten?

Joshi: Ich denke, wir können das nicht alleine tun. 3D Systems ist vielleicht das größte 3D-Druck-Unternehmen, aber diese Ressourcen und Expertise haben wir nicht. GF ist 30 Jahre in der subtraktiven Fertigung und in der Automation unterwegs, sie kennen die Werkzeugmaschinenindustrie besser als wir. Wenn wir unser Knowhow im Additive Manufacturing damit kombinieren, gibt uns das eine echte Schlagkraft Denn die meisten Fabriken werden nicht rein additiv arbeiten, sie werden sowohl additive als auch subtraktive Verfahren einsetzen. Ich denke, dass viele unserem Beispiel folgen werden. Wir benutzen GF auch nicht nur als Vertriebskanal, sondern wir designen unsere Produkte gemeinsam. Wir haben eine gemeinsame Vision, wie wir zusammen gewinnen können. Das Ergebnis sehen Sie an der neuen DMP Factory 500.

Wie lange sind Sie im 3D-Metalldruck aktiv?

Joshi: Layerwise, das Unternehmen, das wir 2014 gekauft haben, hat die Technologie mehr oder weniger erfunden und macht das schon seit mehr als zehn Jahren. Und sie haben echte Teile hergestellt, für die Medizintechnik, für die Luftfahrt. Deshalb haben sie ein großes Verständnis für die Bedürfnisse der Kunden und sind darauf ausgerichtet. Die Gründer kamen von der Universität Leuven, wo sehr viel Innovation im 3D-Metalldruck stattfindet, und ihre Idee war, Metallteile für Kunden zu fertigen. Dadurch haben sie gelernt. Und dann erst haben sie eine tolle Maschine dafür gebaut, mit sehr wenig Sauerstoffanteil im Prozess. Dass zuerst der Prozess für den Kunden da war und danach erst die Maschine entwickelt wurde, macht die Plattform aus meiner Sicht einzigartig.

Wie hat sich das Geschäft entwickelt?

Joshi: Die ProX DMP 320 war die erste Plattform, die sich schon echt gut angefühlt hat, und wir haben einigen Erfolg im Medizintechnikbereich gehabt. Aber mit der DMP Factory 350, der DMP Factory 500 und der Partnerschaft mit GF wird das Metallgeschäft sehr bedeutend für unser Unternehmen werden.

Was sind die größten Vorteile Ihrer Technologie, im Vergleich zu anderen im Markt?

Joshi: Zunächst sind wir nicht nur ein Kistenschieber. Wir fragen den Kunden, was sein Use case ist, und dann liefern wir ihm eine Komplettlösung, von Design, Engineering und Services – und wir helfen ihnen dabei, sie bereit für die Teilefertigung zu machen. Im Medizinbereich etwa haben wir FDA-zugelassene Qualitäts-management-Systeme, sodass der Kunde das tatsächlich direkt umsetzen kann. Weitere Vorteile sind der bereits erwähnte niedrige Sauerstoffgehalt, das Materialhandling in einer abgeschlossenen Box und die Tatsache, dass unsere Technologie schon zehn Jahre erprobt ist. Die Kunden wissen, dass sie die richtige Präzision, Qualität, Wiederholbarkeit und Betriebskosten erhalten. Nicht zu vergessen ist auch unsere 3D Expert Software.

Die vom israelischen CAD/CAM-Spezialisten Cimatron stammt, den 3D Systems ebenfalls 2014 übernommen hat?

Joshi: Ja, und sie wurde speziell für die additive Fertigung entwickelt.

Wie differenziert sie sich von Lösungen wie Siemens NX CAM?

Joshi: Siemens kommt aus dem CAD-Bereich, und da sind sie sehr gut. Wir kommen aus der AM-Ecke. Wir haben das Knowhow von Cimatron in subtraktiver Fertigung, bauen aber auch 3D-Metalldrucker, und die Kombination daraus gibt uns einen Vorteil. Auch die Möglichkeiten, Gitterstrukturen zu erzeugen, ist außergewöhnlich. Und während die meisten Softwarelösungen die Teile in das STL-Format, also Netzstrukturen konvertieren, können wir auch B-Rep, also Volumenkörper und Oberflächen. Das macht das Modell sehr konsistent. Und deshalb erzeugen wir ein besseres Design für AM als andere.

Welche Bedeutung hat Software bei der Prozessführung, etwa das Lasers – man vergleiche etwa mit CAM-Software beim Fräsen?

Joshi: Wenn wir auf der DMP Factory 500 ein Teil mit multiplen Laserquellen erzeugen, dann funktioniert das durch die Scanning-Technologie, die Bestandteil von 3D Expert ist. Die Kombination aus Software, Hardware und Material hebt uns von anderen ab.

Sehen Sie andere Technologien im Metallbereich, die bereit für den Produktionseinsatz sind? Binder Jetting etwa? Immerhin haben Sie sehr lange für HP gearbeitet …

Joshi: Binder Jetting ist eine gute Technologie. Das größte Problem ist die Schrumpfung nach dem Post-Processing. Die muss man charakterisieren, sonst erhält man keine vernünftige Teile. Da gibt es noch viel Arbeit zu tun. Wenn man wenig Ansprüche an die Toleranzen hat, ist es eine gute Technologie, aber wenn es auf Präzision ankommt, ist unser Ansatz der bessere.

Was halten Sie von Hybridmaschinen, die subtraktive und additive Fertigungsverfahren integrieren?

Joshi: Wenn Sie einem schon komplexen 3D-Drucker noch mehr Komplexität hinzufügen, dann leidet die Zuverlässigkeit. Wenn etwas nicht funktioniert, steht die ganze Maschine. Ich würde unseren Ansatz vorziehen, eine gute subtraktive Maschine mit einer guten additiven Maschine zu kombinieren, anstatt das in einer mittelmäßigen Hybridmaschine zusammenzufügen.

Mit anderen Worten, wenn sie robuste Prozesse haben, eine Automation und eine Nullpunktspanntechnik, dann brauchen Sie kein Hybridsystem mehr?

Joshi: Ja, und genau das machen wir auch.

Was wird das nächste Problem, das man in der Prozesskette angehen muss?

Joshi: Das Post-Processing ist sehr wichtig. Deshalb haben wir unsere Pulvermanagement-System. Die Kunden sind da zum Teil sehr pingelig, und wir mussten viel tun, um den Umgang mit Partikeln richtig zu gestalten.

Und das Pulver aus dem Bauraum zurückzuführen, um es zu recyceln?

Joshi: Auf längere Sicht ist der Umgang mit dem Pulver ein wichtiger Punkt. Wenn Sie sich keine Gedanken machen, wie der Fabrikboden aussieht, welche Automationsmöglichkeiten es gibt, welche Softwarestrategie verfolgt wird und welche Post-Processing-Lösungen angeboten werden, dann wird keiner eine Maschine kaufen.

Ist die Fabriklösung, die Sie mit der DMP Factory 500 vorgestellt haben, schon verfügbar?

Joshi: Die DMP Factory 500 mit modularem Design und den Komponenten von GF ist bereits verfügbar. Wir werden sicher noch 12 bis 15 Monate brauchen um alles rund zu machen. Aber ich glaube wir haben die richtige Vision, und auch den richtigen Partner.

Im Werkzeugmaschinenbau beherrschen Deutschland und Japan die Szene. Beim 3D-Druck ist das Feld vielfältiger. Es gibt viel Orte, an denen Start-ups entstehen und Entwicklungen stattfinden. Israel etwa, oder die West- und Ostküste der USA. Welche finden Sie am interessantesten?

Joshi: Israel ist fantastisch, was die Softwareentwicklung betrifft. An der US-Westküste sind wir sehr gut in der Entwicklung von Druckern. Ich habe das ja bei HP über 30 Jahre gemacht. Wir haben dort gute Leute, die wissen, wie man qualitativ hochwertige, zuverlässige Maschinen baut. Leuven in Belgien ist ein unglaublicher Platz, mit der Universität und der Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut. Wir profitieren von den Innovationen, die dort entstanden sind.

Was wird der nächste Schritt sein?

Joshi: Die nächsten Technologieinnovationen werden im Materialbereich stattfinden. Bei Kunststoffen geht es darum, immer neue Moleküle drucken zu können. Auch die Metallurgie wird eine große Rolle spielen. Wir haben jetzt eine gute Drucktechnologie, aber die Materialentwicklung wird die nächste Grenze sein. Dort werden die nächsten Innovationen stattfinden.

Die großen Materialhersteller scheinen das ja auch erkannt zu haben …

Joshi: Die haben jetzt alle Interesse. Jeder denkt über Materialien nach, weil das ein großer Wertschöpfungsfaktor sein wird. Aber man braucht immer die Kombination aus Hardware, Software und Werkstoff – einer allein kann es nicht schaffen.

3D Systems Inc.
www.3dsystems.com


Veteran der Drucktechnik

Seit April 2016 führt Vyomesh Joshi als President und CEO den 3D-Druck-Pionier 3D Systems. Joshi ist ein HP-Urgestein, das seit 1980 für den kalifornischen IT-Riesen arbeitete, seit 2001 als Leiter der Imaging & Printing Group. Nach dem Abgang von Ann Livermore 2011 war er der letzte verbliebene Executive mit direktem Bezug zu den Unternehmensgründern. In einer 2005 veröffentlichten Liste des Fortune Magazine wurde er als einer der drei einflussreichsten US-Amerikaner indischer Abstammung genannt.

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